Interview

Finanzierung der Betreuung wie bei der Kita?

Am 9. Mai 2022 hat die Paul Schiller Stiftung gemeinsam mit der Stadt St.Gallen das zweite Stadtgespräch durchgeführt. Dabei stellte Stadträtin Dr. Sonja Lüthi, Direktorin Soziales und Sicherheit, Verbesserungspotential fest, zeigte sich aber auch dankbar für die breite Palette an motivierten Akteuren.

20.05.2022

Wozu hat es dieses Stadtgespräch in St.Gallen gebraucht?

Nach der Erarbeitung der Altersstrategie für die Stadt St.Gallen geht es nun darum, die definierten Massnahmen umzusetzen. Die Betreuung älterer Menschen, sei dies zu Hause oder in einer Institution, ist dabei ein wichtiges Thema. Mit der Durchführung des Stadtgesprächs haben wir die Chance genutzt, mit den unterschiedlichen Akteuren gemeinsam zu diskutieren, wie der «St.Galler Weg» für eine gute Betreuung im Alter weiterentwickelt werden muss. Eine gute Koordination der Angebote ist notwendig. Ziel ist es, die Zusammenarbeit und Koordination in den Bereichen Hilfe, Betreuung und Pflege zu stärken.

Was kann die Stadt St.Gallen bei der Betreuung älterer Menschen noch besser machen?

Wir haben festgestellt, dass wir zuerst an einer gemeinsamen Definition «Betreuung» arbeiten müssen, damit wir alle vom Gleichen reden und so eine optimale Ausgangslage schaffen, um die definierten Ziele zu erreichen.

Gerne greife ich dazu drei Punkte auf: Das Angebot einer guten Betreuung muss dem Bedarf angepasst sein. Das betrifft sowohl die Tages- und Nachtbetreuung als auch Übergangsangebote und Ferienzimmer. Denn: freie Zeiten für betreuende Angehörige müssen planbar sein.

Parallel dazu braucht es die notwendige Information für die Betroffenen, um den Zugang möglichst niederschwellig zu gestalten. Dies bedingt eine verstärkte Zusammenarbeit der unterschiedlichen Anbieter. Eine möglichst hohe Durchlässigkeit der Angebote ist uns sehr wichtig.

Ein zentraler Punkt bleibt die Finanzierung der Betreuung. Der Zugang für alle muss gewährleistet sein. Es darf nicht sein, dass gute Betreuung eine Frage des Portemonnaies ist. Das ist eine Knacknuss. Dass am Stadtgespräch auch Mitglieder des Stadtparlaments mitdiskutiert haben, ist ein gutes Zeichen.

Nehmen Sie auch eine konkrete Idee mit, wie Sie die Bezahlbarkeit der Betreuungsleistungen umsetzen möchten?

Da gab es einige interessante Inputs. Für mich am naheliegendsten ist ein der Kita-Finanzierung ähnliches System: Die Betroffenen bezahlen einen aufgrund ihrer Vermögensverhältnisse abhängigen Anteil des kostendeckenden Tagesansatzes. Das Synthesemodell in der Studie der Paul Schiller Stiftung mit dem Ansatz von Stundenkontingenten bietet einen weiteren Ansatz, der es verdient, vertieft diskutiert zu werden. Mit der Zeitvorsorge verfügt die Stadt bereits über ein spannendes Instrument.

Welche Erkenntnis nehmen Sie aus dem Anlass mit?

Es gibt in der Stadt schon verschiedenste gute Angebote. Es gilt nun diese noch besser bekannt zu machen und bei Bedarf auszubauen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir in unserer Stadt auf viele motivierte Akteure zählen dürfen, die wie wir den Wunsch haben, gemeinsam eine gute Betreuung im Alter sicherzustellen. Gleichzeitig gibt es aber auch finanzielle Grenzen. Und da sind wir auf eine Zusammenarbeit mit Bund und Kanton angewiesen.

Zur Person

Dr. Sonja Lüthi, 41, leitet als St.Galler Stadträtin die Direktion Soziales und Sicherheit. Die Umsetzung der «Strategie Alter und Gesundheit 2030» für die Stadt St.Gallen ist ein wichtiges Legislaturziel. Eine gute Betreuung im Alter ist Teil der Strategie und für Sonja Lüthi Voraussetzung für eine möglichst hohe Lebensqualität.